Notfall beim Hausärzte-Kongress

Stabile Seitenlage bitte nur noch englisch!

Medical Tribune Kongressbericht

BAD ORB – Aufregung bei der Practica: Der Referent eines Notfallkurses sackt plötzlich „bewusstlos“ zusammen. Zwei Teilnehmerinnen springen auf und helfen – und machen gefährliche Fehler. Dennoch überlebt der Referent …

„Irgendjemand hat mir die Beine hochgehalten, ich habe aber nicht gesehen, wer. Ich war ja bewusstlos“, sagte Dr. Friedel Rohr, dem die Synkopen-Simulation täuschend echt gelungen war. Der Allgemein- und Notfallmediziner aus Framersheim hatte gerade die Kasuistik eines 35-Jährigen geschildert, der bei der Blutentnahme im Rahmen eines Gesundheitschecks auf einmal blass und kaltschweißig wurde. Als der Referent schilderte, wie der Mann das Bewusstsein verlor, übernahm er dessen Rolle und verstummte.

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Nachdem er sich wieder erhoben und das Auditorium den ersten Schreck verdaut hatte, begann die Diskussion um die richtigen Erstmaßnahmen. Warum war das „Beine hoch“ falsch? Der Ko-Seminarleiter, Rettungsassistent Oliver Machemer, ebenfalls aus Rheinhessen, hatte die anwesenden Kollegen mit Befunden versorgt, während Dr. Rohr „weggetreten“ war: „Atmung regelmäßig, Blutdruck 95/60 mmHg, Puls 60/min, BZ normal, Patient aber weiterhin nicht ansprechbar.“ Bewusstlose müssen wegen möglichen Erbrechens und Aspirationsgefahr in die stabile Seitenlage gebracht werden, betonte der Referent. Wie man die Seitenlage richtig bewerkstelligt, davon hatten aber viele Seminarteilnehmer keine Ahnung.

Deutsche Methode viel zu umständlich

Die altbekannte Methode „mit dem blöden Arm da immer unter dem Körper“ ist in anderen Ländern schon längst, aber inzwischen auch in Deutschland out, so Assistent Machemer. Viel leichter zu handhaben ist die englische Methode. „In diese Seitenlage können Sie den Patienten übrigens auch auf einer Liege oder im Krankenwagen bringen“, so Dr. Rohr – immer vorausgesetzt, dass Atmung und Herz/Kreislauf funktionieren.

Die Lagerungsform „Beine hoch“ ist dann statthaft, wenn keine tiefe Bewusstlosigkeit vorliegt. „Fällt jemand beim Blutabnehmen um, ist er ja meist nicht tief bewusstlos“, räumte der Kollege ein. In einem solchen Fall rät er, die Beine mit einem Lagerungskissen zu unterstützen, dann hat Ihre Helferin die Hände frei für andere Aktionen. Auch in der geschilderten Kasuistik handelte es sich nicht um etwas Lebensbedrohliches, sondern um eine vasovagale Synkope. Klassischer Fall von „groß, blond, stark, männlich – fällt um“, so Dr. Rohr. Bei dem geschilderten Patienten war der weitere Verlauf undramatisch: Nach Anlegen einer Ringer-Infusion kam der Mann wieder zu sich und überstand das Ereignis unbeschadet.

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Fitte Helferin im Notfall Gold wert

Und was darf die Helferin tun, wenn sie mit einer solchen Situation allein ist, weil der Chef vielleicht gerade Hausbesuche macht? Nicht bewusstlosen „Umgekippten“ Tropfen zu geben (Effortil®, Carnigen®) – oder einfach einen Schluck Wasser – ist erlaubt. Bei Bewusstlosen muss die Mitarbeiterin, bevor sie irgendwelche anderen Maßnahmen ergreift, einen Notruf absetzen (Arzt, Rettungsdienst, s. Kasten).

Eine Infusion anlegen darf sie ebenfalls, sie muss es sogar tun, wenn sie es kann. Dr. Rohr empfahl, die Helferinnen am besten bei jeder sich bietenden Gelegenheit (z.B. Routine-Infusionen) das Legen von Zugängen trainieren zu lassen: „Dem Notarzt, der hinzukommt, kann überhaupt nichts Besseres passieren, als einen Patienten vorzufinden, der schon einen Zugang hat.“

112 auf dem Handy immer richtig

Mit den Notrufnummern ist das in Deutschland so eine Sache. Die 19222, wie sie in manchen Bundesländern gilt, bundesweit zu etablieren, gelang bisher nicht. Neue Pläne favorisieren die 112. Damit erreicht man aber z.B. in Rheinland-Pfalz die Feuerwehr, mit der 110 die Polizei. Über diese Nummern den Notarzt zu holen, bedeutet meist empfindlichen Zeitverlust. Per Handy ist es einfacher: Hier gilt international die Nummer 112, die man sogar von Mobiltelefonen mit „leergequatschter“ Prepaidkarte aus erreicht.