Hausarzt Dr. Friedel Rohr gibt Tipps für den Allergie-Notfall

Hausarzt Dr. Friedel Rohr gibt Tipps für den Allergie-Notfall

Beim anaphylaktischen Schock dürfen Sie Adrenalin auch i.m. spritzen

Medical Tribune Kongressbericht:

BAD ORB – Der anaphylaktische Schock gehört nicht gerade zum Alltag in Ihrer Praxis. Dennoch müssen Sie für den Fall der Fälle bestens vorbereitet sein. Vom Notfallpäckchen bis zur optimalen Adrenalin-Applikation – auf der Practica gab es wertvolle Tipps.

Eine 25-jährige Frau – helle Haut, rötliche Haare – erscheint in der Praxis zur Desensibilisierung gegen Gräserpollen. „Dies ist ein spezieller Patiententyp, bei dem es oft zu Komplikationen kommt“, unterbrach Dr. Friedel Rohr, Allgemein- und Notfallmediziner aus Framersheim, seine kasuistische Schilderung.

Notruf steht an erster Stelle

Etwa 20 Minuten nach der ersten Injektion, fuhr der Kollege fort, begann ihr der Arm zu jucken, wurde dick und rot. Nach weiteren zehn Minuten klagte die Frau über ein Engegefühl in der Brust, am ganzen Körper schossen Quaddeln auf und fünf Minuten später wurde ihr die Luft knapp und sie kollabierte. Nun heißt der Fahrplan „Basismaßnahmen“:

Lagerung

ABC (Atemwege frei, Beatmung, Herzmassage, falls nötig)

Notruf

Infusion

EKG-Monitoring

Sauerstoff (10 l/min 100 % O2)

Der Notruf, betonte der Kollege, steht beim anaphylaktischen Schock ganz oben in der Prioritäten-Liste, dann erst folgen die allgemeinen und medikamentösen Maßnahmen. Was Letztere betrifft, so gilt es, Adrenalin, H1- und H2-Antihistaminika sowie ein Steroid zu verabreichen. Adrenalin dürfen Sie auch intramuskulär spritzen (Suprarenin® 0,5 mg, eine halbe Ampulle, unverdünnt). Des Weiteren gibt Dr. Rohr intravenös:

eine Ampulle Fenistil® oder eine Ampulle Tavegil®

eine Ampulle Sostril® sowie

Solu-Decortin® H 500 mg (bis zu 1000 mg)

Wird Suprarenin® intravenös appliziert, so ist auf eine ausreichende Verdünnung zu achten, eine Ampulle (1 mg = 1 ml) wird mit 9 ml physiologischer Kochsalzlösung aufgezogen und davon 1 ml langsam über fünf Minuten injiziert. Da es extrem schwierig ist, 1 ml über fünf Minuten hinweg zu spritzen, rät der Kollege, diesen Milliliter erneut mit 9 ml Kochsalz zu verdünnen und diese 10-ml-Lösung auf fünf Minuten zu verteilen. Auf keinen Fall dürfen Sie Adrenalin wie bei der Reanimation unverdünnt i.v. spritzen, warnte Dr. Rohr, denn das kann Kammerflimmern provozieren.

Nur Atemnot: Adrenalin über Maske

Bei weniger ausgeprägten anaphylaktischen Reaktionen, zum Beispiel wenn bei einem Patienten „nur“ Atemnot besteht, fährt der Notfallmediziner folgende Strategie:

Beta-2-Agonist (z.B. Salbutamol) 5 mg

Adrenalin über Verneblermaske

evtl. Theophyllin i.v. 250 mg

immer ausreichende Volumentherapie (im Einzelfall 4 – 6 l)

In seiner Praxis hält Dr. Rohr für solche Fälle ein besonderes Notfallpäckchen bereit (s. Kasten). Um die vierteljährliche Kontrolle zu vereinfachen, ist der Inhalt des Päckchens samt Verfallsdatum der einzelnen Komponenten auf einer beigelegten Liste notiert. Diese Liste (nicht das Päckchen selbst!) nimmt sich eine Praxismitarbeiterin alle drei Monate vor. Eventuell nötige Auswechslungen hat sie dann ruck, zuck erledigt.

Notfall-Päckchen

Sterofundin® 500 ml

Infusionsbesteck

Fenistil® Amp.

Sostril® Amp.

Solu-Decortin® H, 250 mg Amp. + je 5 ml Aqua dest.

Suprarenin® Amp.

NaCl 0,9 % Amp. 10 ml

Stauschlauch

Tupfer, Alkoholtupfer

Braunülen grün, rosa, grau + passende Mandrins

5-ml-Spritzen

2-ml-Spritzen

Kanülen schwarz, grau

sterile Kompressen

Braunülen-Pflaster

MTD, Ausgabe 46 / 2007 S.26, CG